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Die Schlafqualität eines Menschen wirkt sich auf die Qualität seiner Träume aus. Diese Tatsache ist allgemein bekannt. Ebenso ist es kein Geheimnis, dass sich psychische Störungen auf die Trauminhalte der Betroffenen auswirken und die Träume maßgeblich beeinflussen. Verhält es sich bei Schlafkrankheiten ebenso? Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Schlafstörungen wie Narkolepsie, Schlafapnoe oder Insomnie und den Träumen der Betroffenen? Die Ergebnisse sind unterschiedlich.
Insomnie
Insomnie bezeichnet Ein- und Durchschlafstörungen. Menschen mit Insomnie wachen häufig nachts auf und haben Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen. Medizinisch wird Insomnie diagnostiziert, wenn jemand regelmäßig länger als eine halbe Stunde braucht, um einzuschlafen, und weniger als fünf Stunden durchschläft. Häufiges Erwachen und Schwierigkeiten beim Wiedereinschlafen sind weitere Anzeichen. Auch wenn man binnen einer halben Stunde nach dem Einschlafen erneut erwacht, kann dies auf Insomnie hindeuten.
Um Schlafstörungen als Krankheit zu bewerten, müssen die Symptome über einen Monat an mindestens drei Tagen pro Woche auftreten. Die Erkrankung wird als schwerwiegend eingestuft, wenn sie tagsüber die Stimmung beeinträchtigt. Typische Folgen nicht erholsamen Schlafs bei Insomnie sind anhaltende Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Angstzustände oder allgemeine Beeinträchtigungen von Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.
Meistens werden Insomnien durch allgemeine Lebensstressoren ausgelöst. Stressige, hektische und unruhige Phasen beeinträchtigen den Schlaf negativ. Der Schlaf wird oberflächlicher, man wacht häufiger auf und ist generell angespannter. Die Gedanken an die aktuelle Situation erschweren das Einschlafen, wodurch ein Gedankenkarussell entsteht, das das mentale Abschalten beim Zubettgehen erschwert.
Normalerweise verschwindet Insomnie in einigen Tagen oder Wochen, sobald sich die Lage beruhigt hat. Es kann jedoch passieren, dass sie sich verselbstständigt. In diesem Fall wird die Insomnie selbst zum Auslöser. Viele Betroffene denken nachts über ihre Schlafstörungen nach, was zusätzlichen Druck erzeugt, der den Schlaf weiter beeinträchtigt.
Gedanken wie „Ich muss jetzt endlich schlafen“, „Warum fällt es mir so schwer, einzuschlafen?“ oder „Ich muss die letzten zwei Stunden vor dem Aufstehen jetzt noch durchschlafen, sonst kann ich den morgigen Tag vergessen“ sind hier häufig und verstärken die Insomnie-Symptome, sodass sie fortbestehen.
Es gibt viele andere mögliche Ursachen für Insomnien. Schlafstörungen können auch als Nebenwirkung verschiedener Medikamente auftreten. Ebenso kann Insomnie eine Begleiterscheinung anderer Erkrankungen sein. Auch eine unzureichende Schlafhygiene sowie der Konsum suchterzeugender Substanzen können als Ursachen in Frage kommen.
Die Therapie der Insomnie richtet sich nach dem Auslöser, eine allgemeine Heilmethode existiert nicht. Mangelhafte Schlafhygiene ist am einfachsten zu korrigieren, da man diese mit einfachen Maßnahmen selbst verbessern kann. Eine psychologische Verhaltenstherapie kann bei der Anpassung der Schlafgewohnheiten sehr hilfreich sein. Eine Psychotherapie ist besonders zu empfehlen, wenn die Insomnie auf psychischen Erkrankungen beruht.
Falls eine organische Erkrankung die Insomnie verursacht, ist oft keine zusätzliche Behandlung nötig. Normalerweise verschwindet die Insomnie, sobald die zugrunde liegende Krankheit geheilt ist. Tritt Insomnie als Nebenwirkung von Medikamenten auf, kann ein Wechsel oder eine Anpassung der Dosierung helfen.
Zur Unterstützung der Insomnie-Behandlung werden oft leichte Schlafmittel eingesetzt. In ernsthaften Fällen können auch Antidepressiva oder Antipsychotika verabreicht werden.
Insomnie und Träume
Aktuelle Studien zeigen, dass die Fähigkeit zur Traumerinnerung bei Insomniepatienten stärker ausgeprägt ist als bei gesunden Menschen. Dies ist jedoch kaum überraschend, da auch bei gesunden Menschen zu beobachten ist, dass sie sich häufiger an ihre Träume erinnern, je öfter sie in einer Nacht erwachen. Die Erinnerungen an die Träume sind direkt nach dem Erwachen noch frisch und unverfälscht, wodurch eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Erinnerungen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis übergehen.
Patienten mit schwerer Insomnie erinnern sich noch häufiger an ihre Träume. Manchmal kommt es dabei sogar zu einer Wahrnehmungsverschiebung, die es den Patienten erschwert, eindeutig zu erkennen, ob sie wach sind oder schlafen. Die Grenzen zwischen Schlaf- und Wachzustand beginnen zu verschwimmen. Intensive Träume sind für diese Patienten ein Hinweis darauf, dass sie tatsächlich schlafen. Anders ausgedrückt: Wenn sie sich an lebhafte Träume erinnern, haben sie die Gewissheit, dass sie in der Nacht geschlafen haben müssen. Da dies eine positive Erfahrung darstellt, widmen sie ihren Träumen mehr Aufmerksamkeit, was wiederum die Fähigkeit zur Traumerinnerung fördert.
Inhaltlich zeigt sich, dass Insomnie-Patienten überwiegend negativ belastete Träume erleben. Im Vergleich zu gesunden Menschen treten häufiger Träume auf, die denen von Depressionspatienten ähneln. Sorgen um die eigene Gesundheit sind ebenfalls ein häufiges Thema in den Träumen von Insomnie-Patienten.
Unterschiedliche Studien haben außerdem herausgefunden, dass Patienten mit Schlafstörungen generell zu schlechten Träumen neigen, wenn sie im Wachleben mit Problemen konfrontiert sind.
Narkolepsie
Narkolepsie ist eine lebenslang bestehende Störung der Schlaf-Wach-Regulation. Menschen, die davon betroffen sind, haben keine Kontrolle über ihren Schlaf. Jederzeit kann es passieren, dass sie abrupt vom Wachzustand in tiefen Schlaf übergehen. Neben diesen Einschlafattacken zeigt sich Narkolepsie, umgangssprachlich oft als Schlafkrankheit bezeichnet, auch durch Halluzinationen, dauerhaftes Schläfrigkeitsgefühl und Schlafparalyse. Diese Schlafparalyse ist besonders unangenehm, denn die Personen erwachen in einem Körper, der gelähmt ist. Obwohl sie bei vollem Bewusstsein sind, bleibt die gesamte Körpermuskulatur eine Weile blockiert.
Das Hauptsymptom der Narkolepsie ist das Auftreten von Kataplexien. Bei einer Kataplexie verliert die betroffene Person die Kontrolle über den Haltetonus ihrer Streckmuskulatur. Dieser Kontrollverlust kann sich unterschiedlich zeigen und reicht von einem Gefühl wackeliger Knie bis hin zum Sturz mit vorübergehender Ganzkörperlähmung. Das Bewusstsein bleibt während einer Kataplexie ungestört. Die Dauer des Kontrollverlusts beträgt meistens weniger als zehn Sekunden, kann aber auch bis zu 30 Minuten anhalten. Ausgelöst werden Kataplexien häufig durch bestimmte Gefühlsregungen. So kann es geschehen, dass jemand mit Narkolepsie spontan zusammenbricht, wenn er starke Freude, Wut, Stolz oder Ärger empfindet.
Diese Symptome können jederzeit und ohne Vorwarnung auftreten. Physiologisch laufen dabei Prozesse ab, die denjenigen ähneln, die während des REM-Schlafs auftreten, wie das Erschlaffen der Muskulatur und das Erleben lebhafter Bilder während einer Halluzination. Die physiologischen Prozesse, die während der verschiedenen Schlafphasen ablaufen, unterscheiden sich bei Menschen mit Narkolepsie deutlich von denen gesunder Menschen.
Die Symptome der Narkolepsie hängen direkt mit den körperlichen Prozessen der REM-Schlafphase zusammen. Betroffene können (unfreiwillig) direkt vom Wachzustand in eine REM-Schlafphase übergehen und umgekehrt. Dies betrifft sowohl die Ebenen des Bewusstseins als auch der Muskulatur auf unterschiedliche Weise.
Ein gesunder Mensch durchläuft in einer Nacht mehrere Schlafzyklen, die aus einer festgelegten Reihenfolge von Schlafphasen bestehen. Dabei liegt die REM-Schlafphase am Ende eines Schlafzyklus. Während des REM-Schlafs erschlafft die Körpermuskulatur, damit geträumte Bewegungen nicht in die Tat umgesetzt werden. Mit dem Erwachen wird auch die Muskulatur wieder aktiv. Solche zusammenhängenden Prozesse existieren bei Narkoleptikern nicht. Die Muskulatur kann bei vollem Bewusstsein willkürlich erschlaffen oder nach einer REM-Phase weiterhin erschlafft bleiben. Ebenso können Traumbilder zu früh während einer Einschlafphase auftreten und Halluzinationen hervorrufen.
Beobachtet man die Gehirnströme von Narkolepsie-Patienten im Schlaflabor, stellt man in der Regel, selbst nach mehreren Nächten, keine Regelmäßigkeiten in Bezug auf deren Schlafphasen fest. Da auch tagsüber diverse Zyklen ablaufen, die den Schlafzyklen ähneln, beschränken sich die Probleme der Betroffenen nicht nur auf die Nacht. Ein gesunder Mensch durchläuft tagsüber mehrere Phasen wechselnder körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit. Narkoleptiker erleben diese Phasen ebenfalls, doch auch hier lässt sich keine Regelmäßigkeit feststellen.
Nach aktuellem Forschungsstand ist Narkolepsie eine unheilbare Krankheit. Derzeit ist es lediglich möglich, die Symptome zu lindern oder sich mit der Krankheit zu arrangieren. Das bedeutet, dass Betroffene lernen, ihre Tagesabläufe und Schlafphasen an ihre individuellen Symptomausprägungen anzupassen. Dazu gehört auch das rechtzeitige Erkennen sogenannter Triggersituationen, die beispielsweise eine Einschlafattacke auslösen können, um ihnen auszuweichen.
Andere Ansätze zur Therapie einer Narkolepsie greifen auf Medikamente zurück. Dabei setzt man auf Medikamente, die in den Stoffwechsel des Gehirns eingreifen, wie etwa trizyklische Antidepressiva oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Auch psychostimulierende Mittel wie Modafinil oder Präparate mit dem Wirkstoff Methylphenidat, der zur Behandlung des Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndroms (ADHS) eingesetzt wird, kommen zum Einsatz.
Seit 2005 wird Narkolepsie auch mit dem Wirkstoff Natriumoxybat behandelt. Dieses Schlafmittel wirkt sich bei Betroffenen positiv auf die Tagesschläfrigkeit aus und verringert die Anfälligkeit für Kataplexien erheblich.
Narkolepsie und Träume
Die Auswirkungen von Narkolepsie auf die Träume der Betroffenen sind bislang nicht umfassend erforscht. Dies liegt unter anderem daran, dass Narkolepsie eine relativ seltene Erkrankung ist. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 40.000 Menschen, die davon betroffen sind. Obwohl es nur wenige Studien über die Träume von Narkoleptikern gibt, zeigt sich dennoch ein klares Bild.
Narkoleptiker haben in der Regel eine stark ausgeprägte Fähigkeit zur Traumerinnerung. Dies hängt vermutlich hauptsächlich damit zusammen, dass ihre REM-Phasen verschoben sind und durch den spontanen Wechsel zwischen Schlaf und Wachsein eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, dass Traumerinnerungen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis übergehen. Zusätzlich können Träume manchmal in einem Zustand des vollständigen Bewusstseins auftreten, wobei Narkoleptiker im Gegensatz zu luziden Träumern keinen direkten Einfluss auf die Traumhandlungen ausüben können.
Inhaltlich berichten Menschen mit Narkolepsie hauptsächlich von negativen und extrem bizarren Träumen. Sie träumen häufiger als gesunde Menschen von ungewöhnlichen und absurden Situationen und Ereignissen, die intensiv erlebt werden. Wilde Träume oder häufige Albträume sind keine Hauptsymptome der Narkolepsie. Da es sich jedoch um eine seltene Krankheit handelt, die in verschiedensten Ausprägungen auftritt, kann die Frage nach den Träumen der potenziell Betroffenen dennoch sehr hilfreich für eine korrekte Diagnosestellung sein.
Schlafapnoe-Syndrom
Beim Schlafapnoe-Syndrom handelt es sich um eine Störung in der nächtlichen Atmungsregulation. Diese Störung äußert sich dadurch, dass die Atmung der Betroffenen während des Schlafs wiederholt aussetzt. Diese Atemstillstände sind meist nur von kurzer Dauer, können jedoch auch länger als eine Minute andauern.
In den meisten Fällen wird dieser Atemstillstand durch eine zu stark entspannte Muskulatur im oberen Bereich der Atemwege hervorgerufen. Beim Einatmen entsteht in diesem Bereich ein Unterdruck. Ist die Muskulatur zu sehr entspannt, kann sie diesem Unterdruck nicht standhalten. Dadurch zieht sich die Luftröhre zusammen, was die Atemwege blockiert. In der direkten Konsequenz beginnt der Sauerstoffgehalt des Blutes zu sinken. Fällt der Sauerstoffgehalt unter einen bestimmten Wert, reagiert der Körper mit einer Weckreaktion, damit die Atmung wieder einsetzt.
Der Betroffene selbst nimmt diese Atemaussetzer oft gar nicht bewusst wahr, da der Weckimpuls in der Regel nicht stark genug ist, um ein tatsächliches Erwachen hervorzurufen. Schnarchen ist das wohl häufigste Symptom einer Schlafapnoe. Weitere typische Anzeichen, die auf eine Schlafapnoe hinweisen, sind zum Beispiel Durchschlafstörungen, Tagesmüdigkeit, unruhiger Schlaf, Schwindel- oder Sekundenschlafanfälle, depressive Verstimmung oder morgendliche Kopfschmerzen.
Obwohl die Betroffenen meist nichts von ihren Atemstillständen mitbekommen, beeinträchtigen diese stark die Erholungsfunktion des Schlafs. Die nachts ablaufenden körperlichen Prozesse werden unterbrochen und die Schlafhygiene wird gestört. Dies ist vergleichbar mit dem Schlafen in einer lauten Umgebung. Das Bewusstsein blendet Geräusche wie Fluglärm möglicherweise aus, sodass man ihn „gar nicht mehr wahrnimmt“ und auch die ganze Nacht durchschläft. Dennoch ist der Schlaf messbar leichter und weniger erholsam als in einer stillen Umgebung.
Schlafapnoe ist behandelbar. In einigen Fällen kann sie sogar durch das Musizieren mit Blasinstrumenten geheilt werden. Das Spielen eines Blasinstruments stärkt die Muskulatur von Mund und Hals, was dazu führen kann, dass der Atmungsapparat genügend Kraft entwickelt, um dem Unterdruck beim nächtlichen Einatmen standzuhalten.
Andere Behandlungsmöglichkeiten nutzen eine NCPAP-Maske. Der Betroffene trägt nachts eine Beatmungsmaske, die einen leichten Überdruck erzeugt, der den Unterdruck ausgleicht. Alternativ kann Schlafapnoe auch operativ behandelt werden, indem man den Atemraum hinter der Zunge vergrößert, was eine größere Oberfläche schafft, über die mehr Sauerstoff aufgenommen werden kann.
Schlafapnoe und Träume
Personen mit Schlafapnoe erleben während der Nacht einen gestörten Schlaf, da ihre Atmung mehrmals aussetzt und dies teils minutenlang andauert. Man könnte vermuten, dass sich diese Unterbrechungen auch auf die Träume auswirken, da Atemstillstand schließlich zum Tod führen kann. Doch wie wirkt sich Schlafapnoe tatsächlich auf die Träume aus?
Kaum. In den meisten Studien über Trauminhalte von Schlafapnoe-Patienten waren Träume, die direkt mit der Atmung zu tun hatten, selten. Manchmal gab es sogar gar keine solchen Träume. Im Vergleich zu Träumen gesunder Menschen fiel lediglich auf, dass die Träume von Betroffenen negativer und kürzer waren.
Die negative Tendenz lässt sich wohl am besten damit erklären, dass der gestörte Schlaf zu einer negativen Gemütslage führt, welche sich auf die Träume überträgt. Die verkürzte Traumlänge steht im Zusammenhang mit den Weckimpulsen, die durch die Schlafapnoe ausgelöst werden. Diese Impulse stören den REM-Schlaf und führen zum Abbruch oder zur Unterbrechung der Träume.
Träume eignen sich daher nicht zur Unterstützung der Diagnostik. Die Träume der Betroffenen sind weder besonders bizarr noch intensiv, und es gibt keine übermäßig häufige Erinnerung an sie. Auch atmungsbezogene Träume treten äußerst selten auf. Traumforscher erklären dies damit, dass Schlafapnoe eine schleichende Erkrankung ist, an die sich der Körper von Beginn an gewöhnt. Was als „normal“ empfunden wird, spiegelt sich nur selten in den Träumen wider.
Obwohl sich die Traumlänge im Durchschnitt von der gesunder Menschen unterscheidet, ist dieser Unterschied zu ungenau, um als Diagnosekriterium zu dienen.