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Schlafphysiologie: Organe und Hormone

In regelmäßigen Abständen schlafen wir, das ist kein Geheimnis. Während des Schlafes durchleben wir mehrere Schlafzyklen und Schlafphasen, die jeweils spezifische Merkmale haben und ihrerseits in mehrere Gruppen eingeteilt sind. Doch während des Schlafes geschieht im menschlichen Körper noch weitaus mehr als das.

Während Traumforscher sich hauptsächlich darauf konzentrieren, was Träume eigentlich sind, welchen Nutzen sie haben und was sie bedeuten, erforschen Schlafforscher (Somnologen) die Physiologie des Schlafes. Sie gehen der Frage nach, was genau im schlafenden Körper geschieht, was beispielsweise Schlafstörungen verursacht und wie man mit der richtigen Schlafhygiene guten und erholsamen Schlaf findet. Was unser Körper macht während wir schlafen, haben wir von traeumen.org uns einmal näher angeschaut.

Schlafphysiologie: Veränderungen im Laufe der Nacht

Zunächst ist es wichtig festzuhalten, dass sich die körperlichen Vorgänge im Laufe einer Schlafperiode verändern, ähnlich wie die Schlafzyklen, die sich in unterschiedliche Schlafphasen unterteilen lassen. Der Schlaf unterliegt wie alle körperlichen Prozesse dem Biorhythmus. In den folgenden Darstellungen wird daher auch darauf eingegangen, wann welche Aktivitäten stattfinden.

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Aktivitäten menschlicher Organe im Schlaf

Das vegetative Nervensystem steuert unsere inneren Organe und somit auch den Stoffwechsel, angefangen von der Atmung bis hin zur Verdauung. Etwas vereinfacht kann man sagen, dass das zentrale Nervensystem aus zwei Teilsystemen besteht. Eines ist das sympathische, das andere das parasympathische System.

Letzteres kann man als das Erholungssystem bezeichnen, denn es reguliert sowohl die körperliche Erholung als auch automatische Prozesse, welche keinerlei Aufmerksamkeit erfordern. Das parasympathische System ist auch der Teil des zentralen Nervensystems, der überwiegend während des Schlafs aktiv ist.

Herz-Kreislauf-System

Das Herz-Kreislauf-System zeigt während des Schlafs eine im Vergleich zum Wachzustand um etwa 20 Prozent reduzierte Aktivität. Der Blutdruck sinkt, ebenso die Herzschlagfrequenz und auch die Körpertemperatur, welche nachts bis zu einem Grad Celsius niedriger ist als am Tag. Bei einem normalen Schlafrhythmus ist das Herz-Kreislauf-System um drei Uhr in der Nacht am wenigsten aktiv. Nach drei Uhr fährt das System langsam wieder hoch, bis zum Aufwachen die normalen Körperwerte erreicht sind.

Auch die Atmung verflacht während des Schlafs. Die Atemfrequenz sinkt, wir atmen langsamer und zugleich schwerer. Das ist nur logisch, denn der körperliche Ruhezustand wirkt sich auch auf die Muskelspannung aus. Dadurch werden die Bewegungen der Lunge eingeschränkt, sodass weniger Luft „verarbeitet“ wird.

Verdauungstrakt: Leber, Niere, Magen-Darm

Legt man keinen Wert auf wissenschaftlich hochgeschlossene Sprache, kann man sagen, dass die menschliche Verdauung in einem Zweischichtsystem arbeitet. Die Tagschicht übernimmt der Magen, die Nachtschicht der Dünndarm. Man spricht auch von einem Zwei-Stunden-Rhythmus. Darunter versteht man, dass man die organischen Aktivitäten wie auf einer Uhr darstellen kann. Jedes wichtige Organ hat auf dieser Uhr jeweils zwei Stunden, in denen seine Aktivität auf dem Höhepunkt ist. Reiht man diese zweistündigen Phasen aneinander, erhält man tatsächlich einen 24-Stunden-Rhythmus.

Die Produktion von Magensäure hat ihren Höhepunkt am Abend. Während der Nacht wird so gut wie gar keine Magensäure gebildet, am Morgen nimmt die Magensäureproduktion wieder Fahrt auf. Dass ab dem späten Abend kaum noch Magensäure produziert wird, ist der Hauptgrund dafür, dass man sagt, man solle vor dem Schlafen nicht mehr viel essen. Die Nahrung liegt tatsächlich „schwer im Magen“, da sie kaum verdaut werden kann.

Im Gegensatz zum Magen ist der Darm, insbesondere der Dünndarm, während der Nacht hochaktiv. Während des Schlafs ist der Darm äußerst stark durchblutet. Er arbeitet langsamer als am Tag, ist dafür aber gründlicher. Auch Leber und Nieren weisen morgens die höchste Aktivität auf. Hieraus lässt sich auch der regelmäßige morgendliche Stuhlgang ableiten, denn wenn sich der Verdauungstrakt wieder „zur Ruhe legt“, fällt die Abfuhr der Stoffwechselendprodukte besonders leicht.

Schlaf und Hormone

Hormone sind körpereigene Wirkstoffe bzw. Botenstoffe, die den gesamten Stoffwechsel regulieren. Die Hormone werden von verschiedenen Organen produziert und über das Blut zum Ziel transportiert. Das gesamte Hormonsystem ist äußerst komplex und Störungen des Hormonhaushalts können sehr schlimme Folgen nach sich ziehen und beispielsweise zu Depressionen, Diabetes, Bluthochdruck, allgemeinen Stoffwechselproblemen und natürlich Schlafstörungen führen.

Umso wichtiger ist es daher, dass der menschliche Biorhythmus eingehalten wird, denn die Hormonproduktion verändert sich im Laufe einer Nacht. Der Schlaf ist nur erholsam, wenn der hormonelle Zyklus der Nacht ungestört ablaufen kann. Einige Hormone sind für den Schlaf besonders wichtig.

Somatropin (Wachstumshormon)

Das Hormon Somatropin ist auch unter dem einfachen Begriff Wachstumshormon bekannt. Somatropin wird in der Adenohypophyse, auch Hypophysenvorderlappen genannt, einem Bereich der Hirnanhangdrüse, gebildet und ist für das Zellwachstum von elementarer Bedeutung. Es ist nicht nur für das Wachstum verantwortlich, sondern auch für die Regeneration von Körperzellen zur Heilung von Wunden und dem Ersatz von Gewebeelementen.

Darüber hinaus schüttet das Wachstumshormon energiehaltige Substanzen aus, welche sämtlichen energieverbrauchenden Prozessen zur Verfügung stehen. Beispiele für solche Prozesse gibt es viele: Stress, Hunger oder körperliche Belastung sind nur drei davon. Jeder energieverbrauchende Prozess regt die Produktion von Somatropin an.

Die Wachstumshormonausschüttung beginnt in der Regel noch vor dem Einschlafen und erreicht nach der ersten Nachthälfte, also normalerweise etwa um 3 Uhr, ihren Höhepunkt. Somatropin hat auch eine ermüdende Wirkung und ist für den Schlaf und vor allem für den Tiefschlaf in großem Maße mit verantwortlich. Nach der ersten Nachthälfte stoppt die Produktion des Wachstumshormons schlagartig.

Interleukine (Immunsystem-Hormone)

Der Begriff Interleukine umfasst eine größere Gruppe unterschiedlicher Hormone. Alle Hormone aus der Gruppe der Interleukine dienen der Regulation des Immunsystems. Für den Schlaf sind vor allem Interleukin 1 und Interleukin 2 von Bedeutung.

Interleukin 1 verursacht im Grunde genommen Entzündungsreaktionen. Das ist auch gut so, denn IL-1 trägt damit zur Erhöhung der Körperkerntemperatur bei und sorgt dafür, dass wir im Schlaf nicht zu sehr auskühlen.

Außerdem ist IL-1 für das Immunsystem sehr wichtig, denn die Entzündungsreaktionen, die sich in extremer Form als Fieber bemerkbar machen, wirken sich positiv auf die Arbeit der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) aus, welche unter anderem für die Bildung von Antikörpern im Krankheitsfall verantwortlich sind.

Interleukin 2 dagegen wirkt Entzündungshemmend. Es ist ein Immunstimulanz und regelt die Bekämpfung von Entzündungen durch das Immunsystem. Können die Interleukine nicht hinreichend gebildet werden, wenn man beispielsweise zu oft die Nacht zum Tag macht, wirkt sich das schnell stark schwächend auf das Immunsystem aus. Krankheitserreger können nicht mehr richtig bekämpft werden, sodass das Risiko einer Infektion dramatisch ansteigt. Dieser Umstand trägt dazu bei, dass Schicht- und Nachtarbeiter anfälliger für Krankheiten sind als ihre Kollegen, die einen normalen und gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus einhalten können.

Cortisol (Stresshormon)

Cortisol (oft auch in der Schreibweise Kortisol anzutreffen) ist das körpereigene Stresshormon und gilt als das wichtigste Steroidhormon. Ausgangsprodukt der Cortisolproduktion ist Cholesterin. Gebildet wird es in der Nebennierenrinde. Die Produktion von Cortisol wird durch das Hormon ACTH angeregt, welches im Hypophysenvorderlappen produziert wird, also dem Bereich der Hirnanhangdrüse, in der auch die Produktion von Somatropin stattfindet.

Etwa zur Halbzeit der Nacht beginnt die Nebennierenrinde mit der Produktion von Cortisol. Die Somatropinproduktion wird dadurch gestoppt, beide Hormone werden nicht gleichzeitig synthetisiert. Das Stresshormon bremst Immunsystem sowie Eiweißumsatz und stellt größere Mengen Energie bereit. Der Körper wird auf das Aufwachen vorbereitet, er wird sozusagen durch das Cortisol aus seinem Stand-by-Modus langsam wieder hochgefahren.

Seine Bezeichnung Stresshormon hat das Cortisol aus dem Grund erhalten, dass es wach macht, insbesondere bei Stress. Der Körper wacht nur „richtig“ auf, wenn genügend Cortisol vorhanden ist. Im Normalfall fällt der Zeitpunkt des Aufwachens mit der maximalen Cortisolkonzentration im Körper zusammen. Ist der Cortisolspiegel zu niedrig, weil die zweite Schlafhälfte zu kurz war, ist man am Tag vermindert leistungsfähig, müde und meist schlecht gelaunt. Diese Studie über die Auswirkungen von Schlafmangel zeigt deutlich die körperlich und geistigen Folgen von zu wenig Schlaf.

Das Wachstumshormon ist so etwas wie der natürliche Feind des Cortisol. Seine Produktion kurz vor dem Einschlafen drängt die Cortisolsynthese zurück. Obwohl zu kurzer Schlaf zu weniger Cortisol führen müsste, wirkt sich dauerhaftem Schlafmangel „positiv“ auf den Cortisolspiegel aus. Die innere Uhr gerät durcheinander, was sich auch auf die Somatropinproduktion auswirkt.

Das Wachstumshormon verliert deutlich an Effektivität, was bedeutet, dass die Cortisolsynthese nicht mehr ausreichend gedrosselt werden kann. Dadurch steigt der Cortisolspiegel im Blut dauerhaft an, wodurch Körper und Geist ständig unter Stress leiden. Außerdem wirkt sich eine dauerhaft zu hohe Cortisolkonzentration auf den Blutzucker aus, was die Gefahr, an Diabetes zu erkranken, stark erhöht.

Melatonin (Schlafhormon)

Melatonin ist eines der interessantesten Hormone. Im Volksmund wird es auch Schlafhormon genannt, da es für den Tag-Nacht-Rhythmus verantwortlich zu sein scheint. In der aktuellen Somnologie ist man allerdings immer noch auf der Suche nach der Funktionsweise der Wechselwirkung zwischen Melatonin und der Schlaf-Wach-Rhythmik.

Produziert wird Melatonin in der Zirbeldrüse. Es handelt sich um ein lichtempfindliches Hormon, welches ausschließlich Nachts bzw. in der Dunkelheit produziert wird. Die Produktion von Melatonin beginnt am Anfang der Schlafphase, wenn es dunkel ist und die Augen geschlossen sind. Melatonin wird so lange produziert, bis die Netzhaut des Auges ein gewisses Maß an Licht registriert.

Die Wirkungsweise, also die Art und Weise wie Melatonin den Schlaf fördert, ist noch nicht endgültig erforscht. Fakt ist jedoch, dass die Melatoninkonzentration im Körper während der tiefsten Tiefschlafphase am höchsten ist. Melatonin, welches in der Zirbeldrüse aus Serotonin gewonnen wird, erreicht so gut wie alle Organe des menschlichen Organismus. Es wird vermutet, dass Melatonin als Botenstoff fungiert, welcher den Organen mitteilt, dass es dunkel ist und sie ihre Aktivitäten in den „Nachtmodus“ schalten sollen.

Dass ältere Menschen weniger schlafen und früher wach werden, hängt höchstwahrscheinlich mit den Alterungserscheinungen der Zirbeldrüse zusammen. Diese neigt im Laufe der Jahre zur Verkalkung. Verkalkte Organe sind weniger produktiv, sodass die Melatoninproduktion einer verkalkten Zirbeldrüse geringer ausfällt als die eines unverkalkten Organs. Tatsächlich erhöht sich die Melatoninkonzentration, die ganz einfach im Blut gemessen werden kann, im Laufe einer Nacht bei jungen Menschen etwa um den Faktor 12, bei älteren Menschen nur um etwa 3.

Im Winter leiden viele Menschen unter dem Phänomen der Winterdepression. Diese wird von einer erhöhten Melatoninkonzentration ausgelöst, da es auch am Tag selten richtig hell wird, die Produktion des Hormons ist demnach im Vergleich zu Sommertagen deutlich erhöht. Die Folgen sind gedrückte Stimmung und anhaltende Tagesmüdigkeit. Das gleiche Phänomen lässt sich auch bei Nacht- und Schichtarbeit beobachten.

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