Inhaltsverzeichnis
Die Traumforschung ist eine Wissenschaft, die mit besonders vielen Problemen zu kämpfen hat. Ähnlich wie in der Psychologie haben die Forscher keinen direkten Zugang zu den mentalen Prozessen, die in den Köpfen ihrer Probanden vorgehen. Vergrößert wird diese Problematik außerdem dadurch, dass Träumende kein direktes Feedback geben können, da sie dafür geweckt werden müssen. Aber es gibt auch noch viele andere Faktoren, die es den Traumforschern sehr schwer machen, eindeutige und allgemeingültige Resultate zu erzielen.
Allgemeine Probleme der Traumforschung
In der Traumforschung existieren zwei zentrale Methoden. Eine ist die Erforschung durch Umfragen, die andere erfolgt im Schlaflabor. Beide Ansätze müssen sowohl gemeinsame als auch spezifische Herausforderungen meistern.
Ein gemeinsames Problem ist die Auswahl der Probanden. Diese sollten entsprechend dem Ziel der Studie ausgewählt werden. Egal, ob allgemeine Träume, Albträume oder andere Träume untersucht werden, steht die Forschung stets vor dem Problem des Fremdpsychischen. Es ist nicht möglich, die inneren Abläufe in den Köpfen der Probanden vollständig zu erfassen. Stattdessen muss man sich auf deren Aussagen verlassen. Auch wenn zu erwarten ist, dass freiwillige Teilnehmer bereit sind, alle Fragen so genau und ehrlich wie möglich zu beantworten, bleiben stets gewisse Unwägbarkeiten bestehen.
Selbst wenn jeder Proband einer tiefenpsychologischen Analyse unterzogen wird, um die psychischen Einflussfaktoren der Träume zu untersuchen, bleibt das Problem der Traumerinnerung weiterhin bestehen. Schließlich können nur die Träume erforscht werden, die von den Probanden erinnert und berichtet werden. Die Fähigkeit der Probanden, sich an ihre Träume zu erinnern, hängt genauso wie die Trauminhalte von vielen, insbesondere psychischen, Faktoren ab.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor, der die Ergebnisse der Studien erheblich beeinflusst, ist die Art der Studie selbst. Um Träumen und Trauminhalten auf den Grund zu gehen, bleibt die Befragung der Teilnehmer die einzige Möglichkeit, um auswertbare Daten zu erhalten. Die Antworten der Befragten werden jedoch zu einem beträchtlichen Teil bereits durch die Fragen beeinflusst. So gab es beispielsweise eine Forschergruppe an der Universität Heidelberg, die zwei Studien über erotische Träume durchführte.
Die Forscher führten beide Studien unter nahezu identischen Bedingungen durch, erhielten jedoch völlig unterschiedliche Ergebnisse. Der Grund liegt vermutlich in einem kleinen Detail: In einer der beiden Studien wurden die Teilnehmer aufgefordert, die Inhalte ihrer erotischen Träume zu nennen, in der anderen nicht. Dieses Prinzip ist auf alle anderen Studien übertragbar. Die Art der Frage bestimmt bereits die Art der Antwort.
Probleme unterschiedlicher Methoden der Traumforschung
Sowohl die Forschung zu Träumen im Schlaflabor als auch rein fragebogenbasierte Studien haben neben den allgemeinen Herausforderungen auch ihre ganz eigenen Schwierigkeiten.
Traumforschung im Schlaflabor
Das Schlaflabor ist ein wesentlicher Bestandteil der Traumforschung, besonders wenn der Zusammenhang zwischen Träumen und körperlichen Vorgängen untersucht werden soll. Um diese Vorgänge zu analysieren, wird der Proband mit verschiedenen medizinischen Geräten verbunden. Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist eines der bedeutendsten Geräte. Es erfasst die elektrischen Aktivitäten im Gehirn, indem es Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche registriert und grafisch darstellt. Um diese Informationen zu erhalten, werden Elektroden auf der Kopfhaut des Probanden angebracht. Die ermittelten elektrischen Aktivitäten werden dann per Kabel an das EEG übermittelt.
Ähnlich arbeitet die Elektrookulographie (EOG). Hierbei werden Elektroden ober- und unterhalb der Augen angebracht, um die Augenbewegungen des Probanden zu messen. Ein weiteres Gerät, das im Schlaflabor für die Traumforschung genutzt wird, ist das Elektromyogramm (EMG), das selbst kleinste Muskelbewegungen erfasst. Abhängig von der Studie können zusätzliche Messgeräte eingesetzt werden, wie etwa Geräte zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung oder zur Analyse des Atmungsverhaltens.
Es ist offensichtlich, dass sich die Schlafbedingungen im Schlaflabor erheblich von denen zu Hause unterscheiden. Die Tatsache, dass der Schlafende die gesamte Nacht über von einer Kamera überwacht wird, ist dabei noch das geringste Problem. Forscher bemühen sich zwar, den Probanden eine möglichst komfortable Schlafumgebung zu schaffen, dennoch lässt sich die als ungewohnt empfundene Verkabelung nicht vermeiden.
Neben der ungewohnten Umgebung und den Auswirkungen der Messgeräte beeinflussen auch die rein psychologischen Elemente der Situation die Träume der Probanden. Bereits die Laborsituation kann sowohl positiven Stress, der durch Aufregung und Neugier entsteht, als auch negativen Stress verursachen, wenn man sich unter Druck fühlt, im Labor richtig schlafen und träumen zu müssen.
Tatsächlich belegen viele Studien, dass im Durchschnitt etwa 20 Prozent der Träume, die in einem Schlaflabor entstehen, einen direkten Bezug zu der Laborumgebung haben. Werden die indirekten Verbindungen zur Laborsituation berücksichtigt, zeigen fast die Hälfte der Träume solche Einflüsse.
Die Problematik ist den Traumforschern natürlich bewusst. Da das unmittelbare Umfeld des Schlafenden einen direkten Einfluss auf dessen Träume hat, steht die Traumforschung vor der Herausforderung, die Qualität und Quantität der Einflüsse durch die Laborbedingungen zu bestimmen und diese von den Ergebnissen abzuziehen, um möglichst reine Traumelemente für die Untersuchungen zu erhalten.
Traumforschung mittels Befragungen
Die Forschung von Träumen außerhalb von Schlaflaboren stützt sich hauptsächlich auf Befragungen, um verwertbare Ergebnisse zu erzielen. Auch in Schlaflaboren gelangen Forscher durch diese Methode an die Trauminhalte der Probanden und müssen sich ebenfalls mit den Herausforderungen dieser Methode auseinandersetzen.
Das zentrale Problem liegt in den Unwägbarkeiten der Traumerinnerungen. Ob, wann und warum man sich an bestimmte Träume erinnert, hängt von zahlreichen Faktoren ab, die sich in ihrer Qualität und Stärke bei jedem Menschen unterscheiden. Zusätzlich gibt es das Phänomen des dreamlag-Effekts.
Der dreamlag beschreibt, dass nur ein Drittel bis die Hälfte der in Studien untersuchten Träume direkte Einflüsse des vergangenen Tages aufweisen. Viele Traumelemente beziehen sich auf Einflüsse und Ereignisse der vergangenen Tage oder gar Monate. Die Vermischung neuerer und älterer Traumelemente erschwert die Traumforschung erheblich, da es sehr komplex ist, direkte von indirekten Bezügen zu trennen und deren Wechselwirkungen mit den dazwischenliegenden Gedanken der Wachwelt zu verstehen.
Eine weitere Herausforderung ist sprachlicher Natur. Träume werden von jedem Menschen unterschiedlich empfunden. Dies zeigt sich bereits bei einfachen Einstufungen wie der Unterscheidung, ob es sich um einen Albtraum oder einen schlechten Traum gehandelt hat. Dasselbe gilt für erotische Träume. Für manche Menschen beginnen sie bei einer Umarmung, während andere erst bei direkten sexuellen Handlungen von einem erotischen Traum sprechen.
Noch schwieriger wird es bei detaillierteren Beschreibungen. Wo liegt die Grenze zwischen verschiedenen Graden verwandter Emotionen? Wann spricht man von Unbehagen, Beklommenheit, Verzweiflung, Furcht, Angst oder Panik? Es gibt zu viele Abstufungen von Emotionen, um aus der Wortwahl der Probanden direkt auf das tatsächliche Gefühl schließen zu können. Man kann bestenfalls mit Oberbegriffen wie angstverwandte oder liebesbezogene Gefühle arbeiten, um eine einigermaßen zuverlässige Vergleichsgröße zu erhalten.
Fazit
Die Traumforschung steht vor Herausforderungen, die schwer zu lösen sind und möglicherweise nie vollständig gelöst werden können. Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass der Zugang zu Träumen ausschließlich passiver Natur ist. Direkter Zugang ist nur zu einigen physischen Merkmalen möglich, anhand derer erkennbar ist, ob eine Person gerade träumt oder nicht. Die Technik der Neurologie erlaubt es noch nicht, das Gehirn in Echtzeit vollständig zu durchleuchten.
Eine umfassende Erfassung aller Hirnaktivitäten während eines Traums ist nicht realisierbar. Obwohl es Geräte wie den Computertomografen gibt, der scheibenweise Gehirnbilder erzeugt und diese zu einem 3D-Modell zusammenfügt, kann auch dieses Verfahren nicht alle Hirnregionen in Echtzeit abbilden. Die Echtzeitmessung von Hirnströmen ist durch das EEG möglich, allerdings beschränkt sich dieses Verfahren auf die Oberflächenmessung des Gehirns. Tiefere Aktivitäten bleiben durch das EEG unerkannt.
Neben den technischen Begrenzungen stellt das Psychische eine weitere Hauptschwierigkeit für die Traumforschung dar. Nicht einmal die Träumenden selbst haben vollständigen und direkten Zugang zu ihren Träumen. Sie verfügen nur über die Erinnerungen an ihre Träume, die unregelmäßig und oft unvollständig sind. Obwohl erwiesen ist, dass Träume in jeder REM-Phase eines jeden Schlafzyklus auftreten, bleiben Träume aus den frühen Zyklen fast immer unerinnert.
Zur Unregelmäßigkeit der Traumerinnerung kommt die Herausforderung hinzu, innere und äußere Einflüsse auf die Träume zu erkennen und in die Interpretation der Traumberichte einfließen zu lassen.