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Der Begriff Kompensation hat seinen Ursprung im Lateinischen und leitet sich vom Wort „compensare“ ab, was „ausgleichen“ oder „ersetzen“ bedeutet. In einem Fremdwörterbuch wird Kompensation allgemein als Ausgleich definiert und aus psychologischer Sicht als das Streben nach Ersatzbefriedigung zur Minderung von Minderwertigkeitsgefühlen verstanden.
In Kürze zu: Kompensatorische Träume |
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Der Begriff der Kompensation findet in verschiedenen Fachbereichen Anwendung. In der Psychologie beschreibt er eine Strategie, mit der versucht wird, tatsächliche oder vermeintliche Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren. Dieser Prozess kann sowohl bewusst als auch unbewusst ablaufen.
Kompensation in der Psychoanalyse
In der klassischen Psychoanalyse, wie sie von Freud und Jung angewandt wurde, ist die Kompensation ein zentraler Begriff. Die Psyche wird hier als ein komplexes System von miteinander verknüpften und assoziierten Vorstellungen gesehen. Viele dieser Assoziationen werden vom Patienten aktiv unterdrückt oder verdrängt, entwickeln sich jedoch im Unterbewusstsein weiter. Dadurch schieben sich allmählich Vorstellungen ins Bewusstsein, was den Verdrängungsprozess aktiviert und zu Symptomen führt.
An diesem Punkt wird die Kompensation relevant. Sobald der Patient das durch Verdrängung entstandene Symptom erkennt, kann er versuchen, es zu mildern. Die Kompensation stellt die Fähigkeit dar, das Auftreten des Symptoms durch andere Hilfsmittel als bloße Verdrängung zu verhindern. Somit ist sie die Strategie des Patienten, das Symptom zu bekämpfen.
Kompensatorische Träume
Kompensatorische Träume zeigen immer das Gegenteil von dem, was der Träumende im Wachzustand erlebt, besitzt oder wünscht. Solche Träume treten besonders dann auf, wenn der Träumende sein Leben zu einseitig gestaltet und keinen Ausgleich schafft.
Ein Beispiel hierfür ist ein Mensch, der sich im Wachleben intensiv mit gesunder Ernährung, Gesundheit und Sport beschäftigt. In seinem kompensatorischen Traum könnte er jedoch in einem Fast-Food-Restaurant schlemmen und fettige Speisen genießen.
Durch solche Träume schafft das Unterbewusstsein einen Ausgleich zur zwanghaften Einhaltung gesunder Lebensgewohnheiten. Der Gesundheitsenthusiast wird im Traum zum Fast-Food-Liebhaber. Das Unterbewusstsein möchte dem Träumer verdeutlichen, dass es wichtig ist, auch abseits der selbst auferlegten Ziele und Konventionen zu leben.
Im kompensatorischen Traum wird die Realität somit ins Gegenteil verkehrt.
Kompensatorische Träume nach Jung
Laut Carl Gustav Jung werden kompensatorische Träume folgendermaßen beschrieben:
„Wenn die Einstellung des Bewusstseins zur Lebenssituation besonders einseitig ist, stellt sich der Traum auf die Gegenseite, die ‚Autonomie des Unbewussten‘ tritt in Funktion und schafft quasi im Schlaf eine Gegenwelt zum tatsächlichen, die Fülle der individuellen Möglichkeiten nicht ausschöpfenden kargen Lebensstils, um nicht zu verhungern.“
Kompensatorische Träume erschaffen somit eine Art Gegenwelt zu einem „normalen“ Leben. Nach Jung werden diese Gegenwelten in drei Stufen unterteilt:
- 1. Schaffung einer totalen Gegenwelt
- 2. Gegenwelt mit Varianten
- 3. Unterstreichung des täglichen Lebens durch Träume
Wenn die Gegenwelt im kompensatorischen Traum das alltägliche Leben des Träumenden unterstreicht, wie in Punkt drei, dann lebt der Träumende laut Jung bereits „korrekt“ und „adäquat“. Hier werden hauptsächlich Erlebnisse aus dem täglichen Leben thematisiert und verarbeitet.
In der Gegenwelt mit Varianten (siehe Punkt zwei) hat der Träumende seine Mitte bereits gefunden. Seine Bedürfnisse sind in der realen Wachwelt weitgehend erfüllt.
Träumende, die sich im Traum eine totale Gegenwelt schaffen, führen oft einen bedenklichen Lebensstil, in dem Bedürfnisse nicht ausgelebt werden und kein Ausgleich besteht. Hier hat der Träumer sich selbst oder einen Aspekt seines Lebens vernachlässigt und wird nun angehalten, diesem Teil mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um wieder zur inneren Balance zu gelangen.
Weitere Traumarten nach Jung sind:
Ursachen kompensatorischer Träume
Kompensatorische Träume streben einen Ausgleich zum normalen Leben an und treten auf, wenn jemand ein zu einseitiges Leben führt. Eine solche Lebensweise kann zahlreiche psychische Probleme hervorrufen, von allgemeiner Unzufriedenheit bis hin zu einer pathologischen Depression.
Wer keinen Ausgleich im Leben schafft, schadet sich selbst und langfristig auch den Menschen in seiner Umgebung, da die innere Unzufriedenheit auf seine Mitmenschen übertragen werden kann, insbesondere auf jene im unmittelbaren Umfeld.
Kompensatorische Träume deuten oft darauf hin, dass dem Träumenden etwas fehlt, sei es bewusst oder unbewusst. Dies kann sich auf einen spezifischen Aspekt oder die allgemeine Lebensweise beziehen.
Häufig treten diese Träume auf, wenn ein bestimmter Lebensaspekt, beispielsweise Ernährung, zu dominant wird, während die andere Seite der Psyche, die sich auch mal etwas gönnen möchte, verkümmert.
Der kompensatorische Traum zeigt immer an, welcher spezifische Teil der Persönlichkeit betroffen ist und welcher Aspekt des Lebens vernachlässigt wird.
Funktionen kompensatorischer Träume
Kompensatorische Träume kommen oft bei Menschen vor, deren Leben durch eine sehr einseitige Lebensweise geprägt ist. Personen, die ihr Leben dem Beruf opfern, keinen Urlaub nehmen, keine Hobbys haben oder sich zwanghaft mit bestimmten Themen wie Ernährung oder Religion beschäftigen, erleben solche Träume häufiger als jene, die bewusst einen Ausgleich zu den alltäglichen Abläufen suchen.
Gerade Menschen ohne Hobbys, die regelmäßig in den Urlaub fahren oder sich an Wochenenden mit Freunden treffen und ihr Leben ohne akribische Planung genießen, sind anfällig für kompensatorische Träume, da sie sich keinen Ausgleich schaffen. Der Traum dient somit als Ausgleich.
Kompensatorische Träume sind als Warnung oder Aufruf des Unterbewusstseins zu verstehen, einen Ausgleich im Leben zu schaffen. Das Unterbewusstsein will dem Träumenden zeigen, dass es auch eine andere Welt gibt, die es zu entdecken gilt.
Vor allem zeigt das Unterbewusstsein, wie wichtig ein Ausgleich für ein erfülltes Leben ist. Ohne diesen bleibt man irgendwann auf der Strecke, und die Gefahr psychischer Erkrankungen steigt.
Kompensatorische Träume verdeutlichen dem Träumenden, was im Leben fehlt oder zu kurz kommt, sei es das Liebesleben, Freundschaften oder ein Hobby.
Psychologen haben zudem herausgefunden, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Bedürfnis real oder im Traum befriedigt wird. Kompensatorische Träume ermöglichen es, unerfüllte Bedürfnisse zu realisieren und das Risiko von Neurosen und Depressionen zu mindern.
Behandlung kompensatorischer Träume
Kompensatorische Träume können schnell zu wiederkehrenden Träumen werden, insbesondere wenn der Träumende sie nicht zu deuten weiß oder sich nicht an sie erinnert. Hier gibt es verschiedene Faktoren, die die Traumerinnerung beeinflussen.
Hat man seinen Traum gut memoriert, kann ein Traumtagebuch helfen, das Geträumte zu notieren, zu analysieren und zu interpretieren. Wichtig ist, den Träumen Beachtung zu schenken, vor allem wenn sie nach einem bestimmten Muster wiederkehren. Ohne diese Aufmerksamkeit ist eine Behandlung kaum möglich.
Da der kompensatorische Traum immer schon den Aspekt enthält, der im Leben fehlt, ist er oft leichter zu verstehen als hochmetaphorische Träume voller Symbole und Chiffren.
Zur Behandlung kompensatorischer Träume muss der Träumende diese ernst nehmen und sein Leben entsprechend umgestalten. Wer beispielsweise häufig Streit mit seinem Partner hat, wird im Traum die Harmonie mit ihm ausleben. Das Unterbewusstsein visualisiert hier die Wünsche und Sehnsüchte des Träumenden.
Die Hauptverantwortung zur Behandlung kompensatorischer Träume liegt beim Träumenden selbst. Nur er weiß, welcher Teil seines Lebens nicht ausreichend vertreten ist, und hat die Möglichkeit, sein Leben entsprechend zu verändern.