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Bewusst herbeigeführte luzide Träume sind ein anerkanntes Werkzeug zur Bekämpfung von Albträumen. Ähnlich wie die Therapie von Ängsten, die sich direkt in der Wachwelt äußern, wird auch in der Albtraumtherapie auf Konfrontation mit den Auslösern der Träume gesetzt. In Albträumen zeigen sich schließlich Ängste, die der Träumende im Wachzustand möglicherweise überhaupt nicht bewusst erlebt, die ihn allerdings trotzdem psychisch belasten und in seinen Möglichkeiten einschränken.
Die Konfrontation mit den Traumsymbolen der Angst während des Traums wirkt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch positiv auf die Wahrnehmung im Wachzustand aus. Im Traum besteht die Möglichkeit, den Ängsten ihren Schrecken zu nehmen, indem man auf diese bewusst anders reagiert, als man es üblicherweise tun würde. Daraus ergibt sich für gewöhnlich die Erkenntnis, dass man im Traum die Kraft hat, sich seinen Ängsten entgegenzustellen und sie überwinden zu können.
Das Überwinden der Ängste im Traum beeinflusst die Selbstwahrnehmung im Wachzustand teilweise enorm. Sobald man die eigene innere Kraft im Traum bewusst gespürt hat, kann man den albtraumauslösenden Situationen schnell deutlich gelassener entgegentreten. Im Normalfall bemerkt man dann sehr bald, dass die entsprechenden Situationen doch nicht so schlimm sind, wie man sie sich immer ausgemalt hat. Es wird eine positive Erlebnisspirale in Gang gesetzt, an deren Ende die Albträume verschwinden.
Ist man mit der Kunst des luziden Träumens vertraut, sind Klarträume eine ideale Waffe im Kampf gegen Albträume. Diese Waffe kann nicht nur von Psychotherapeuten erfolgreich eingesetzt werden, sondern steht jedem Menschen, der dem bewussten Erleben von Klarträumen offen gegenübersteht, zur freien Verfügung.
Mit Klarträumen gegen wiederkehrende Albträume
Klarträume sind eine äußerst wirksame Methode, um ständig wiederkehrende Albträume loszuwerden. Bevor man jedoch damit beginnt, luzide Träume gezielt in der Selbsttherapie einzusetzen, muss man sich im Klaren darüber sein, welchen Ursprung die Albträume haben. Immer wiederkehrende Albträume werden fast immer durch bestimmte Situationen hervorgerufen. Wer seine Albträume bereits mehrmals luzid erlebt und anschließend analysiert hat, wird wenig Schwierigkeiten haben, deren Auslöser und Ursprünge zu erkennen.
Um Klarträume in der Selbsttherapie kontrolliert einsetzen zu können, sollte man im Wachzustand einige Szenarien durchdenken, wie sich der erwartete Albtraum entwickeln könnte, beziehungsweise, was man im Zustand der Luzidität daran verändern könnte. Bei einem Verfolgungstraum wäre es beispielsweise eine sehr gute Option, sich umzudrehen und dem Verfolger ins Gesicht zu schauen. Versteckt man sich im Traum vor etwas, sollte man vielleicht in Erwägung ziehen, das Versteck das nächste Mal zu verlassen, um herauszufinden, wovor man sich eigentlich verbirgt.
Die beste Vorbereitung ist jedoch sinnlos, wenn sich der Albtraum nicht einstellen will. Kennt der von Albträumen Betroffene die Auslöser seiner Albträume, sollte er sich überwinden und sich den entsprechenden Situationen bewusst aussetzen. Liegt der Ursprung beispielsweise in einer Spinnenphobie, wäre es ratsam, gezielt im Keller nach einer Spinne zu suchen. Dabei sollte man sich immer wieder bewusst machen, warum man dies tut.
Der Wunsch, in der kommenden Nacht den eigentlich gefürchteten Albtraum luzid zu erleben und diesen auch noch bewusst auszulösen, geht automatisch mit einem Gefühl der Stärke einher. Gelingt es, sich der angsteinflößenden Situation zu stellen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man auch von dem üblicherweise folgenden Albtraum heimgesucht wird. Der Unterschied zum normalen Auftreten des bestimmten Albtraums besteht darin, dass man mit weniger Angst davor einschläft, was sich positiv auf die Bereitschaft auswirkt, die am Tag beschlossenen Verhaltensänderungen tatsächlich umzusetzen. Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, sich im Traum seinen Ängsten zu stellen.
Traumreaktionen: Flucht, Gewalt und Dialog
Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, wie man in einem Albtraum auf seine Ängste reagieren kann. Die ungünstigste Option ist die Flucht. Wenn es gelingt, die Albträume so zu manipulieren, dass man der bedrohlichen Situation entkommt, könnte dies in der Wachwelt negative Folgen haben, indem sich das Gefühl einer realen Bedrohung verstärkt. Die Flucht zeigt nicht von Stärke, sondern von Schwäche, da sich an einer Situation nichts ändert, wenn man ihr nur ausweicht.
Die nächste Möglichkeit, die zumindest gelegentlich erfolgreich sein kann, ist der Einsatz von Gewalt. Tatsächlich kann Gewalt in bestimmten Fällen eine Lösung darstellen. Eine gewaltsame Traumreaktion kann sinnvoll sein, wenn die Albträume auf ein konkretes Ereignis zurückzuführen sind. Ein Beispiel wäre, wenn jemand Opfer eines Überfalls geworden ist. Das Ereignis hat ein Trauma ausgelöst, das zu wiederkehrenden Albträumen führt. Häufig zeigt sich das darin, dass das Opfer vom Täter im Traum verfolgt wird.
In solchen Fällen kann es hilfreich sein, sich vorzunehmen, sich umzudrehen und dem Verfolger mit voller Kraft ins Gesicht zu schlagen. Der Verfolger repräsentiert in diesem Kontext nicht den tatsächlichen Täter, sondern symbolisiert die Angst, die das Opfer empfindet. Der Gewaltakt ist nicht als Rache an dem Täter gedacht, sondern als symbolischer Schlag gegen die Angst. Dieser kraftvolle Akt lässt den Träumenden seine innere Stärke spüren und verleiht ihm den Mut, sich solchen Ängsten zu stellen und sie zu überwinden.
Gewaltanwendung ist jedoch keine geeignete Lösung, wenn die Ängste einen allgemeinen Ursprung haben, wie beispielsweise die Angst vor Spinnen. Traumgewalt gegen Spinnen bewirkt hier wahrscheinlich das Gegenteil dessen, was man erreichen möchte. Spinnen sind in diesem Fall unschuldige Opfer und haben dem Träumenden im realen Leben nichts angetan. Durch die Gewalt mag die Angst vor Spinnen möglicherweise gelindert werden, jedoch verstärkt sich im Gegenzug der Hass auf diese kleinen Lebewesen. Die negativen Emotionen, die die Albträume auslösen, werden dadurch nicht bekämpft, sondern nehmen lediglich eine andere Form an.
In solchen Fällen ist es besser, auf Gewalt zu verzichten. Eine generalisierte Angst kann man nur überwinden, indem man sich ihr stellt und sie mit positiven Traumreaktionen verbindet. Dieses Prinzip ähnelt der psychotherapeutischen Therapie generalisierter Ängste. Im Beispiel der Spinnen sollte man statt Gewalt lieber vorhaben, den Tieren ruhig und gelassen zu begegnen und sie möglicherweise sogar auf die Hand zu nehmen.
Während eines luziden Traums ist es möglich, die Situation sofort zu verlassen, falls die Kraft, sich der Angst zu stellen, nicht ausreicht. Auch wenn dies der Fall ist, bleibt die positive Erkenntnis, dass man es zumindest versucht hat. Diese Einsicht sollte als Antrieb dienen, es beim nächsten Mal erneut zu versuchen, bis man im Traum die gewünschte Reaktion zeigen kann. Nur so wächst das Bewusstsein, dass die irrationale Angst keine Substanz hat, was sich auch auf die Wahrnehmung in der Wachwelt auswirkt.
Wenn das Erscheinungsbild des Traums es erlaubt, ist der Dialog die beste und effektivste Waffe gegen Albträume. Das dahinterliegende Prinzip ist es, mit seiner Angst ins Gespräch zu kommen, da Klarträume eigenen Gesetzen folgen. Es entsteht die Möglichkeit, dass man dank des wachen Teils des Bewusstseins mit dem Unterbewusstsein in Kontakt treten kann und sogar darüber hinaus: Man kann die Angst im Unterbewusstsein regelrecht zu einem Dialog zwingen.
Um dies zu erreichen, muss man das angsteinflößende Traumelement zunächst stoppen. Dazu wendet man sich diesem Element zu und stoppt es mit einer klaren und bestimmten Aussage wie „Halt!“ oder „Stopp!“. Diese Aussage darf keinen Spielraum für Ausweichreaktionen lassen und sollte keine Frage oder Bitte sein.
Um mit dem Unterbewusstsein in einen Dialog zu treten, sollte der Träumende nach dem Haltebefehl eine deutliche, auf das Objekt gerichtete Frage stellen. In Erwartung einer positiven Reaktion ist es ratsam, bestimmend Fragen zu formulieren, wie „Was willst du?“ oder „Wer bist du?“.
Das Ich des Unterbewusstseins wird dadurch gezwungen, auf den bewussten Teil des Träumenden zu reagieren. Es wird vom Jäger zum Gejagten. Man könnte auch sagen, das Unterbewusstsein ist irritiert, weil es den Film (Albtraum), den es abspielen wollte, nicht in der ursprünglichen Form abspielen kann. Für den Träumenden weicht das negative Gefühl der Bedrohung dem positiven Gefühl, die Kontrolle über die Situation erlangt zu haben.
In den meisten Fällen führt dies tatsächlich zu einer Art Dialog zwischen dem Bewusstsein und dem Unterbewusstsein, der einerseits dazu führt, dass man die Angst als Gesprächspartner akzeptiert und gemeinsam an einer Lösung für das Problem arbeitet. Andererseits ergibt sich daraus auch ein bemerkenswertes Ereignis, bei dem man viel über sich selbst erfahren kann.