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Luzides Träumen kann man lernen. Nicht umsonst gibt es die unterschiedlichsten Techniken, mittels derer man selbst Klarträumer werden kann. Wenn man sich noch nicht intensiver mit Klarträumen beschäftigt hat, drängen sich einem vielleicht einige Fragen auf. Was bringt es mir, luzid zu träumen? Was kann ich mit einem Klartraum anfangen? Wie lassen sich luzide Träume in der Praxis nutzen?
Diese und vielerlei anderer Fragen lassen sich natürlich nicht allumfassend beantworten. Aber es gibt tatsächlich viele Anwendungsmöglichkeiten für luzide Träume. Manchen Menschen macht das Klarträumen einfach nur Spaß, andere dagegen nutzen es als Mittel zur Selbsterkenntnis oder zur Bewusstseinserweiterung. Aber auch im professionellen Bereich werden Techniken des luziden Träumens angewandt, beispielsweise in der Psychotherapie und sogar im Profisport.
Luzides Träumen macht Spaß
Spaß zu haben gehört tatsächlich zu den Hauptgründen dafür, dass Menschen Klarträume bewusst herbeiführen. Klarträumer und Klarträumerinnen begeben sich gerne nur aus Unterhaltungsgründen in die Welt bewusst erlebter Träume. Diese Unterhaltung kann sich aus vielen unterschiedlichen Dingen herleiten.
So empfinden es viele luzide Träumer als faszinierend, ihre Träume einfach nur bewusst zu beobachten. Dank des Wachzustands im Schlaf, können diese Menschen ihre Träume äußerst bewusst wahrnehmen und schlicht beobachten, was ihre Gehirne für teils absurde Bilder und Geschichten produzieren. Das kann manchmal beängstigend sein, ist jedoch in den allermeisten Fällen einfach nur amüsant.
Der positive Nebeneffekt dabei ist der, dass sich die Träumenden ihres Traumzustands bewusst sind und problemlos aufwachen können, sollten die Träume negativer Natur sein. Tatsächlich berichten die meisten Klarträumer von positiven Erfahrungen mit ihren luziden Träumen. Weit über 90 Prozent der Klarträume sind ihnen zufolge von positiven Gefühlen und Erfahrungen begleitet worden.
Ein anderer großer Spaßfaktor leitet sich aus der Möglichkeit ab, Träume bewusst steuern zu können. Der luzid Träumende kann in seinem Traum Dinge ausprobieren, die in der Realität unmöglich sind. So kann er beispielsweise Fliegen, unglaublich schnell rennen oder den Aufenthalt auf einer malerischen Trauminsel vorstellen, wie zum Beispiel auf einer der Inseln der Karibik.
Luzide Träume in der Psychotherapie
In der psychotherapeutischen Praxis werden immer öfter Methoden angewandt, die sich der Möglichkeiten von Klarträumen bedienen. Allgemein haben Träume in der Psychotherapie und Psychiatrie einen relativ hohen Stellenwert, denn in Träumen zeigen sich die seelischen Probleme der Patienten häufig in symbolischer Form, was sie einfacher identifizier- und therapierbar macht.
Sind „normale“ Träume eher passive Hilfsmittel zur Problemanalyse, stellen luzide Träume ein therapeutisches Werkzeug zur Verfügung, das aktiv für die Heilung seelischer Krankheiten eingesetzt werden kann. Eine besondere Bedeutung kommt luziden Träumen in der Therapie von Albträumen hinzu. Der Patient lernt, seine Albträume bewusst zu beeinflussen, damit er in den angsteinflößenden Situationen anders reagiert.
Dabei lernt er nicht nur andere mögliche Reaktionen, sondern erfährt auch sehr viel über die tatsächlichen Auslöser seiner Albträume. Mittels dieser Erkenntnisse können Patient und Therapeut Albträume meist in kürzester Zeit lindern und vollständig beseitigen. Ähnlich verhält es sich bei Therapien anderer seelischer Störungen, wie z.B. generalisierten Angststörungen oder starker Phobien (siehe unsere Literaturempfehlungen).
Persönliche Weiterentwicklung durch Klarträume
Ähnlich wie in der Psychotherapie, kann man luzide Träume auch privat dazu nutzen, mehr über sich selbst zu erfahren. Manche Menschen nutzen Klarträume zur Erweiterung ihres Bewusstseins. Die Kontrolle über die eigenen Träume zu haben, während man weiß, dass man sich in einem Traum befindet, eröffnet einem eine andere Perspektive auf die Welt. Man kann sagen, der Klarträumer beobachtet und kontrolliert Teile seines Gehirns und auch des Unterbewusstseins, welche ihm im Wachzustand verborgen bleiben.
Diese besondere Art der Erfahrung, die man auch als Sicht auf den eigenen Geist bezeichnen kann, kann dazu führen, eine höhere Ebene der Spiritualität zu erlangen. Im tibetischen Buddhismus werden Klarträume genau aus diesem Grund bewusst eingesetzt. Sie unterstützen die spirituelle Entwicklung des Praktizierenden, indem er nicht nur am Tag, sondern auch während des Schlafs meditieren kann.
Lernen und Trainieren im Schlaf
Die vermutlich praktischste Anwendung luzider Träume ist die Möglichkeit, während des Schlafs zu lernen oder zu trainieren. Während eines luziden Traums verlässt man in gewisser Weise die Ebene körperlicher und geistiger Einschränkung durch die Außenwelt. Man kann sich viel besser auf die Lösung von Problemen konzentrieren und ist offener gegenüber Gedanken, die man im Wachzustand vielleicht als Hirngespinste abtun würde.
Im Klartraum kann man die absurdesten Möglichkeiten ausprobieren und einen Lösungsweg für ein Problem finden, den man im Wachzustand sprichwörtlich nicht gesehen hat. Auch zur Vorbereitung von Prüfungen können luzide Träume nützlich sein. Man kann die Prüfungssituation im Traum durchspielen, und zwar so, dass man sie erfolgreich besteht. Das garantiert natürlich keinen Erfolg in der realen Situation, trägt aber durchaus dazu bei, dass man viel furchtloser und selbstbewusster in die Prüfung gehen kann.
Selbst körperliche Fähigkeiten können mittels luzider Träume verbessert werden. Es gibt durchaus einige Profisportler, die regelmäßig in ihren luziden Träumen trainieren. Ein Beispiel wäre ein Fußballer, der einen Freistoß trainiert. Er weiß genau, wie er den Ball treffen muss, damit er von einer bestimmten Position aus unhaltbar ins Netz fliegt. Die notwendigen Bewegungen wiederholt er im Traum immer und immer wieder. Das Gehirn merkt sich die genauen Bewegungsabläufe, wodurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der Spieler solche Freistöße in der Zukunft tatsächlich häufiger verwandelt.
Dass Training im Schlaf zu zählbaren Ergebnissen im Wachzustand führen kann, hat eine Studie von Daniel Erlacher ergeben. Jeder der vierzig Teilnehmer sollte zwanzig Mal versuchen, eine Zehn-Cent-Münze in eine Tasse zu werfen, die zwei Meter entfernt war. Anschließend wurden die Teilnehmer in verschiedene Gruppen eingeteilt, die sich unterschiedlich auf eine Wiederholung des Experiments am nächsten Morgen vorbereiten sollten.
Eine Gruppe von zehn Personen durfte ungestört schlafen. Zehn andere Teilnehmer sollten den Münzwurf vor dem Schlafengehen jeweils sechs Minuten lang üben. Die restlichen zwanzig Personen sollten während des Schlafs trainieren. Sieben Teilnehmer hatten in der Nacht luzide Träume und konnten trainieren. Die restlichen dreizehn Teilnehmer hatten entweder keine Klarträume oder schafften es nicht, währenddessen zu trainieren.
Nach dem zweiten Durchgang des Experiments wurden die Trefferquoten verglichen. Die Trefferquoten der Klarträumer und der Teilnehmer, die am Abend trainieren durften, stiegen eindeutig an. Die Trefferquote der Klarträumer stieg von 3,7 auf 5,2. Die Gruppe der Teilnehmer, die in der Realität trainieren durften steigerte ihre Trefferquote von 3,4 auf 6,4. Im Gegensatz dazu blieb die Trefferquote der Teilnehmer, die nicht trainiert haben, nahezu unverändert. Das Training Klartraum kann demnach reales Training zwar nicht ersetzen, aber es ist eindeutig belegt, dass es funktioniert und zur Leistungssteigerung beiträgt.