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Trauminhalte und Traumwahrnehmung

Die Wissenschaft befasst sich selbstverständlich auch mit Trauminhalten und deren Wahrnehmung. Hierbei geht es nur sekundär darum, Träume zu deuten und Traumsymbole ausfindig zu machen. Traumforschern geht es vielmehr um eine Metaebene. Sie untersuchen, was man während seiner Träume empfindet und wahrnimmt. Gegenstand der Untersuchungen sind hier Aspekte wie die Wahrnehmung von Farben, Gefühlen oder anderer Sinneseindrücke, sowie die Art und Weise, wie sie später erinnert werden. Dabei stößt man erneut auf diverse Probleme der Traumforschung.

Ich-Bezug und Realismus von Träumen

Die Analyse etlicher Traumberichte hat ergeben, dass Träume einen sehr starken Ich-Bezug aufweisen. Tatsächlich taucht das Ich des Träumenden in über 90 Prozent aller Träume als Traum-Ich auf. Das Traum-Ich wird definiert als das wahrnehmende und handelnde Ich der träumenden Person. Der Träumende agiert also selbst in über 90 Prozent seiner Träume, während er es im Traum gleichzeitig so wahrnimmt, wie im Wachleben. Träume, in denen der Träumende eine reine Beobachterposition einnimmt und nicht als Person in das Geschehen eingreift, sind äußerst selten.

Der Großteil dieser Träume wird erlebt als seien sie Realität. Nur in wenigen Fällen, wie wenn es sich um einen luziden Traum handelt, weiß der Träumende, dass er sich in einem Traum befindet. Egal wie absurd die Erlebnisse innerhalb der Traumwelt auch sein mögen, fast immer werden sie vom Traum-Ich als real erlebt.

Der Begriff der Realität beinhaltet an dieser Stelle nicht nur die Art der Traumempfindung, sondern auch den Grad des Realismus der Traumdarstellung selbst. Hier zeigt sich eines der Hauptprobleme der wissenschaftlichen Analyse von Trauminhalten. Die Frage lautet: „Was ist realistisch, fantastisch oder bizarr?“.

Die Definitionen der verschiedenen Begriffe sind keineswegs einheitlich und werden auch von den Probanden jeweils unterschiedlich interpretiert. Im Durchschnitt werden etwa 25 Prozent aller Träume als wirklich realistisch beschrieben, also als Träume, deren Handlung ebenso in der wirklichen Wachwelt hätten stattfinden können. Schwieriger wird es bei den anderen Begriffen. Ungefähr die Hälfte aller Träume wird nämlich als realitätsnah, aber erfunden beschrieben. Jeweils rund zehn Prozent aller untersuchten Träume bezeichneten die Probanden als rein erfunden oder mindestens teilweise fantastisch.

Es gibt keine feste Grenze zwischen den Begriffen, lediglich der Realitätscharakter ist eindeutig. Bizarr, erfunden oder fantastisch kann alles Mögliche bedeuten. Manche nennen Träume bizarr, die für die Realität unwahrscheinliche Elemente beinhalten, andere schließen in diesen Begriff auch Unklarheiten oder unmögliche Elemente ein. Würde man eine solche Definition benutzen, wären fast alle Träume als bizarr zu bewerten, selbst wenn vielleicht nur ein Straßenschild nicht genau die Farbe hat, wie in der Realität.

Gefühle im Traum

Untersucht man die Gefühlswahrnehmung innerhalb der Träume, kommt man zu einem interessanten Ergebnis. Allgemein wird hauptsächlich über negative Gefühle berichtet. In der Tat gibt es bedeutend mehr Berichte über negative als über positive Träume. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Menschen im Durchschnitt wirklich häufiger schlecht als gut träumen.

Analysiert man die unendlich erscheinende Menge an Traumberichten, zeigt sich schnell, dass in etwa vier Fünftel aller Berichte negative Gefühle beschrieben sind. Lediglich ein Fünftel aller beschriebenen Traumgefühle sind positiver Natur. Der Grund dafür ist, dass negative Träume einfach besser und länger im Gedächtnis bleiben. Sie werden vom Gehirn als wichtiger erachtet, da sie eine gewisse Warnfunktion haben.

In direkten Traumerzählungen halten sich positive und negative Gefühle dagegen die Waage. Das haben etliche Untersuchungen in Schlaflabors gezeigt. Wurden die Probanden direkt nach dem Aufwachen oder einer Weckung nach ihren Traumgefühlen befragt, stieg die Zahl der positiven Emotionen im Vergleich zu denen retrospektiv erinnerter Träume enorm an. Die anteilig überwältigende Zahl negativer Traumgefühle ist also ganz einfach den Eigenschaften des menschlichen Gedächtnisses anzulasten.

Sinnesempfindungen in Träumen

Die Untersuchung zahlreicher Traumberichte haben gezeigt, dass die visuelle Beschreibung von Träumen deutlich ausgeprägter ist, als die Beschreibung anderer Sinneseindrücke wie hören, schmecken oder riechen. Diesbezüglich steht die Traumforschung wieder einmal vor dem Problem, dass die Art der Frage in vielen Fällen auch die Art der Antwort bestimmt.

Die Traumberichte zeigen, dass zwar in allen Träumen optische Sinneseindrücke beschrieben werden, dagegen aber nur in knapp über der Hälfte der Beschreibungen auch akustische Eindrücke auftauchen. Geschmacks-, Geruchs- oder physische Empfindungen sind deutlich seltener.

Befragt man die Studienteilnehmer allerdings explizit nach derartigen Empfindungen, steigt die Zahl entsprechender Berichte rapide an. Die optischen Eindrücke sind demnach lediglich am einprägsamsten. Andere Empfindungen gibt es gleichermaßen, werden allerdings meistens erst erinnert, wenn man genauer über die Träume nachdenken soll. Erst wenn man konkret danach fragt und der Proband tiefer in seine Traumerinnerungen einsteigt, kommen diese „sekundären“ Eindrücke ans Licht.

Gleiches gilt auch für die Farbwahrnehmung. Aufgrund der enormen Zahl von Traumberichten, in denen keine Farben erwähnt wurden, ging die Traumforschung bis vor einigen Jahren sogar davon aus, dass es sich bei Träumen fast immer um Schwarz-weiß-Phänomene handelt. Auch heute noch sind spontane Farberinnerungen eher die Ausnahme.

Die Farbgebung innerhalb der Träume ist nur selten besonders handlungsrelevant und wird daher vom Gedächtnis als eher unwichtig bewertet. Spricht man die Studienteilnehmer allerdings auf Traumfarben an, können sich über 80 Prozent sogar ziemlich genau daran erinnern. Erneut zeigt sich, dass die konkrete Frage das Ergebnis beeinflusst.

Traumgeschehen

Was geschieht während des Träumens? Welche Handlungen werden oft, welche nur selten vollzogen? Die Antworten auf diese Fragen lassen den Schluss zu, dass Traumhandlungen scheinbar ursprünglicher Natur sind, also dem tatsächlich natürlichem Ich des Menschen näher, als jedes komplexe Handlungskonstrukt.

Das klingt kompliziert, lässt sich jedoch ganz einfach erklären. Die allermeisten Handlungen, die Träumende in ihren Träumen durchführen, haben einen klaren und einfachen Naturbezug. Entsprechende Handlungen wären Gehen, die Ausübung von Geschlechtsverkehr, Nahrungsaufnahme oder andere, eher triebhafte Tätigkeiten.

Komplexe Handlungen wie Lesen oder Schreiben sind dagegen sehr selten. Das Traumgeschehen beschränkt sich also meistens auf direkte Tätigkeiten, nicht auf Handlungen, die eine größere kognitive Leistung voraussetzen. Interessant hierbei ist, dass derartige Tätigkeiten von den Traumeinflüssen des Vortags ausgeschlossen zu sein scheinen.

Obwohl Elemente des vergangenen Tages überdurchschnittlich häufig in die nächtlichen Träume eingebunden werden, ist der Anteil von Personen, die beispielsweise während des Traums einen Text tippen, äußerst gering. Dabei ist es anscheinend vollkommen egal, ob die Personen täglich mehrere Stunden mit dem Tippen von Texten beschäftigt sind oder nicht.

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